Didaktik in Online-Seminaren
Am 21.04. war es wieder einmal soweit für unser kurzes Format zum Thema Didaktik in Online- Seminaren. Hier werden in drei Unterrichtseinheiten allerlei Tipps und Tricks rund ums Thema besprochen und eine riesige Palette an Digitalen Tools vorgestellt und ausprobiert. Das Ganze findet im Wechsel zwischen dem erfahrenen Medienpädagogen Markus Gerstmann und der Dozentin Franziska Kersten statt. In diesem Fall war ich Gast bei Markus und konnte der kleinen Gruppe aus dem OFF (technische Unterstützung im Backend) folgen.
In einer Vorstellungsrunde erzählt Markus, wie er im Lidice Haus (dort ist sein hauptamtlicher Job angesiedelt) schon lange vor der Pandemie Konzepte für die Online-Lehre explorierte und diese mit Kolleg:innen stets erweitert. Er schöpft aus seinen langjährigen Erfahrungen mit digitalen Formaten, interaktiven Methoden und ist nie müde sich die neuesten Trends und Tools zu Gemüte zu ziehen, diese auszuprobieren und auf ihren Mehrwert für die Unterrichtsgestaltung hin zu untersuchen. Das tollste daran ist, dass sich die Kolleg:innen rund um Markus Gerstmann nicht scheuen die gemachten Erkenntnisse und Vorarbeiten digital auszubereiten und öffentlich zugänglich zu machen. So finden Sie bspw. auf diesem Padlet viele, viele – und ich meine wirklich sehr viele – wertvolle Links zu Digitalen Tools, die thematisch geordnet sind, ständig erweitert werden und so Inspiration liefern und zum Ausprobieren motivieren (sollen). Danke für diese Arbeit, Markus.
Auf die Frage an die Teilnehmenden, was sie bewog sich für dieses Seminar anzumelden, gab es Rückmeldungen, die von „einfach mal neuen Input zum Thema“ und „Tipps und Tricks“ bis hin zu, dass man v.a. neue Tools kennen lernen wolle, die einem helfen können, digitale Veranstaltungen besser zu strukturieren, reichten. Auch Fragen, wie man die Referent:innen bzw. Dozierenden dazu bekommt, sich der Online-Lehre anzunähern standen im Raum, sowie was genau eigentlich der Unterschied zwischen einem Webinar und einem Meeting ist – im Sinne einiger Videokonferenzanbieter. „Kniffe zur interaktiven Gestaltung von Online-Lehre wären toll“ – so schildert ein Teilnehmer, wie schwierig es ihm fällt „gegen den schwarzen Bildschirm“ zu reden. „Man bekomme weniger Feedback“ im digitalen Raum. „Ihm fehlen einfach die Methoden, um es [den Unterricht] für den Empfänger attraktiv zu machen“.
Darauf eingehend bestätigt auch Markus Gerstmann wie anstrengend es sei, mit den schwarzen Kacheln umzugehen (wenn die Teilnehmenden einer Veranstaltung ihre Kameras ausgeschaltet haben), und dass er „in den Augen der Teilnehmenden tanke“. Bei Präsenz funktioniere das immer sehr gut, man merkt „da ist was im Argen, man hat einen Spirit“, also das Gefühl dafür, wie die Teilnehmenden einem folgen und / oder sie gerade dabei sind „wegzudämmern“. Im Digitalen ist es anders, gerade auch weil man nicht gemeinsam in nur einem Raum zusammen kommt, sondern jede/r sich in einem eigenen real-physischen Raum/Kontext befindet – und diesen privaten Kontext erkenne man nicht zwingend als Lehrende. So kann es z.B. zu akustischen Störungen kommen in diesen (privaten, real- physischen) Räumen oder die Familie streitet sich vielleicht im Nebenraum …
Wichtig sei es für die Dozierenden am Anfang für sich zu klären, was genau man erreichen will in dem Seminar. Soll es v.a. einen Input geben, oder wäre ein Gruppenaustausch denkbar, könnte man auch mit Selbstlernphasen arbeiten oder Forschungsreisen implementieren? So wäre es denkbar, dass sich Kleingruppen jeweils ein Thema selbst erarbeitet, dieses auf einem digitalen Tool wie bspw. Padlet zusammenträgt und es im Nachgang im Plenum der großen Gruppe vorstellt und es entsprechend der Diskussion erweitert und dann allen zur Verfügung stellt.
Wenn man einen Input plant, sollte man sich die Frage stellen, wie lange hören die Teilnehmenden aufmerksam zu – denn in der digitalen Umgebung reduziert sich das meist noch einmal im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen, wo es auch schon nicht ohne ist, einen abwechslungsreichen Vortrag zu gestalten. Dabei hat auch die Technik eine bestimmte Rolle, denn trägt man einen Kopfhörer, schottet man sich vermehrt von der (ggf. störenden) Umgebung ab und man kann sich besser auf den Vortragenden fokussieren.
Für die Referent:innen in Online-Seminaren gibt es allerlei Dinge, die man dringend im Auge haben muss. Um nur einige der Aspekte zu nennen: Licht, Ton, Kamera, komfortable Umgebung für sich selbst schaffen, welches Videokonferenztool, Datenschutz etc., brauche ich eine/n zweie/n Moderator:in für den Chat – hilfreich hierzu ist auch der von uns, dem BMBF-geförderten Projekt MARIDAL, entwickeltem Handlungsleitfaden zur Online-Lehre für Dozierende, der hier einsehbar ist: https://blog.wisoak.de/handlungsleitfaden-online-unterrichten/.
Anschließend gibt Markus Beispiele für mögliche Methoden, wie ein interaktives Einbeziehen der Teilnehmenden ermöglicht werden kann. Hier z.B. können sich die Teilnehmenden bspw. auf einer Skala von 1-10 eintragen mit Hilfe der Kommentarfunktion des Videokonferenztools.
©Grafik: Barbara Westhof #future fabric, erstellt mit Canva
Kleine Anekdote am Rande: Markus hatte vergessen sich zu informieren, wo denn diese Funktion wohl bei BigBlueButton (unserem Videokonferenztool) zu finden ist – aber von sowas lässt er sich schon lange nicht mehr unken – so fragt er eben schnell das Internet. Also generell heißt es bei Online-Seminaren umso mehr: Bleiben Sie fehlertolerant. Mit sich selbst und mit allen anderen Beteiligten. Wie sagte Markus so schön: „es gibt immer wen, der schwitzt bei der Durchführung“. Meistens sind es die für die Technik zuständigen …
Andere Ideen zu beteiligenden Methoden sind sogenannte Hash-Tag-Runden, in denen jede/r in nur drei Sätzen sich selbst beschreibt, z.B. zu den Oberthemen: Wer bin ich, was mache ich beruflich, was ist mein Lieblings-Hobby?
Dann gibt es da noch tolle Tools für die Pausengestaltung in Online-Veranstaltungen. So kann man mit wonder.me virtuelle Kaffeerunden gestalten und die virtuellen Teilnehmenden bewegen sich von Tisch zu Tisch. Für größere Veranstaltungen eignet sich z.B. gather.com . Mit diesem Tool können Computerfiguren animiert und z.B. der Maus gesteuert werden. Man kann virtuelle Räume (nach-)gestalten wie z.B. ein Bildungsinstitut inkl. Klassenräume, Küche etc., und die Teilnehmenden laufen durch das gesamte Haus. So hat der Chaos Computer Club mit einem ähnlichen Tool mehrere Hunderte Leuten auf ihr Jahrestreffen virtuell eingeladen und in den diversen Räumen fanden „normale“ Formate, Lesungen, Seminare etc. statt.
An diesem Punkt schaltet sich eine Teilnehmerin ein, die das toll findet, aber noch ganz weit weg ist sich Fragen zur attraktiven Pausengestaltung zu stellen, habe sie doch noch keine Ahnung, wie sie die Veranstaltung selbst attraktiv gestalten soll. So sei es aber, laut Markus, wichtig z.B. ein ganztägiges Format in seiner Gesamtheit zu betrachten, eben auch inkl. der Pausen. Da gäbe es viele Ideen. So könne man auch kleine Päckchen verschicken mit Gummibärchen und Teebeuteln für alle. Er will Mut machen, weist aber darauf hin, dass es wichtig ist, kleine Schritte zu machen, bestenfalls im Team zu arbeiten und sich gegenseitig zu ergänzen. Denn nicht jede/r muss immer alles können.
Weitere Ideen für z.B. ein ganztägiges Format sind Abstimmungen oder auch die Überlegung, ob man Inhalte (in Form von Präsentationen oder auch aufgenommenen Vorlesungen) nicht auch vorab zur Verfügung stellen kann und im Unterricht selbst bereits mit der Diskussion beginnt (vgl. Flipped Classroom). So können sich die Teilnehmenden den Input vorab zu Gemüte führen, Fragen formulieren und nicht Verstandenes direkt zum Diskurs stellen. Erklärvideos und Podcasts zu einem bestimmten Thema sind auch eine gute Abwechslung, die man entweder selbst kuratiert oder aber man gibt den Teilnehmenden den Auftrag sich auf die Suche nach geeigneten Materialien zu begeben.
Im zweiten Teil des Seminars stellte Markus noch allerlei Tools vor, die ihm Freude bereiten, wie z.B. Padlet oder die datenschutzkonforme Alternative Taskcards , Kahoot, Mentimeter, Oncoo, das Reflektionsrad, Hackmd und viele mehr. Die Verlinkung sind in dem o.g. Padlet zu finden.
Abschließend fassen die Teilnehmenden zusammen, dass es für sie wichtig erscheint sich auf 2-3 Tools zu fokussieren, um nicht von der Fülle erschlagen zu werden. Man müsse „sich da nun durchkämpfen“ und „ausprobieren, was für den jeweiligen Kontext passend ist“. So bestätigt auch Markus, „bitte nicht überfrachten“.
Und abschließend konnte ich feststellen. Es besteht wiedermal Konsens, dass sich alle freuen, wenn es endlich auch mal wieder zu einer Präsenzveranstaltung kommen darf, denn die Online-Seminare führen insgesamt auch zu einer Arbeitsverdichtung. Trotzdem sind sich soweit alle sicher, dass die digitalen Tools etc. auch weiterhin Bestand halten – auch nach der Pandemie. Die Möglichkeit des Auswählens – je nach Kontext – ist „eben attraktiv“.