wisoak

Digitalisierung in der politischen und der (inter-)kulturellen Bildung

An dieser Stelle würde ich gerne das Expert:innengespräch meiner beiden Kolleg:innen Rebecca Kludig und Dr. Asmus Nitschke Revue passieren lassen. Als Teil des 8. Deutschen Weiterbildungstags tauschten sich die beiden aus über ihre eigenen Praxiserfahrungen mit der Digitalisierung von Bildungsangeboten und machten diese somit für Dritte öffentlich. Zu allererst stellte sich Rebecca Kludig als Bildungsmanagerin im Gesundheitsbereich vor, die mit ihrem unermüdlichen Engagement und ihrer Neugier die digitale Transformation der wisoak in vielen Bereichen begleitet und befeuert. So habe ich das Glück, dass Rebecca auch Teil von MARIDAL ist – ein BMBF-gefördertes Projekt, in dem wir zusammen allerhand Ideen entwickeln, um die Dozierenden bei der Digitalisierung von Bildungsangeboten nicht im Regen stehen zu lassen. Denn durch die Pandemie waren plötzlich alle gezwungen ad hoc ihren Unterricht zu virtualisieren. So auch unser Kollege Martin Schmidt, der zusammen mit Dr. Asmus Nitschke im Projekt ikö-diversity Schulungen zu interkultureller bzw. Diversitäts-Kompetenz gibt. Diese zeichnen sich durch viel Interaktion mit und zwischen den Teilnehmenden, Begegnung, spielerische Ansätze und natürlich durch die erzählerische Expertise des wunderbaren Dozenten-Teams aus – und sie fanden bis zur Pandemie durchweg in Präsenz statt.

Rebecca erzählte, wie wir Martin Schmidt im ersten Lock-Down, also vor über einem Jahr, begleiten durften bei seinen Erfahrungen, sich in die nötigen technischen Finessen einzuarbeiten für die Virtualisierung seines zweitägigen Diversity- Seminars. So erprobten wir immer wieder Ideen, tauschten uns über die didaktischen Möglichkeiten und auch Grenzen aus – und das Beste: Martin führte für uns Tagebuch, nicht nur schriftlich, sondern auch mit kleinen Selfie-Videos. Das kann gerne hier angeschaut werden: https://wisoak.de/blog/diversity. Auch wurden die Ergebnisse und Erfahrungen in einen Handlungsleitfaden für Dozierende zum Thema Online-Unterrichten überführt, der fortlaufend ergänzt wird, sobald wir in der Praxis auf Neues stoßen. Dieser ist hier abgelegt: Handlungsleitfaden für Dozierende: Online Unterrichten. Auch wurde ein Selbstlernmodul erstellt zum Thema, wie Lehrende adhoc Unterricht virtualisieren können. Zusätzlich entstand eine Reihe an sogenannten Lernhäppchen zu diversen digitalen Tools für die Unterrichtsgestaltung und -organisation sowie zu Fotorechten und der Erstellung von eigenen Videos.

Seit diesem ersten Transfer von einem Präsenz- zu einem Online-Seminar ist Dr. Asmus Nitschke, Bildungsmanager der politischen Bildung und Projektleiter von ikö-diversity, quasi über Nacht zum Profi geworden, was das Durchführen von virtuellen Bildungszeiten angeht. So erzählt Asmus, dass er seit Anfang des Jahres 12 Bildungszeiten komplett virtualisiert hat. Und dabei sprechen wir jedes Mal über 5-tägige Veranstaltungen. Anfänglich trieben ihn dabei die beiden Fragen um:

  • Sind die Teilnehmenden bereit, sich auf ein solches Experiment einzulassen?
  • Sind die Dozent:innen bereit, das mitzumachen?

Die Antwort auf beide Fragen ist jein. So betont Asmus, dass die Hürde bei vielen Menschen hoch ist, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, sei es aus technischen Gründen (nicht jede:r hat dafür die Ausstattung und auch nicht die Affinität, sich im digitalen Raum auszukennen oder auskennen zu wollen) oder sei es aus der Haltung heraus, dass man schlichtweg keine Lust hat, in seiner Bildungszeit auf reale Begegnung verzichten zu wollen, zumal viele derzeit sowieso den ganzen Tag aus dem Homeoffice heraus vor Videokonferenzen sitzen und entsprechend (Bildschirm-) müde sind. Bei Veranstaltungen, die sonst in unserer Bildungsstätte in Bad Zwischenahn stattfinden, funktioniert die digitale Umwandlung (wenig überraschend) gar nicht, da die Teilnehmenden dort sich auf eine Bildungszeit mit Übernachtung, Vollverpflegung und vielen Begegnungen im und außerhalb des Seminars eingestellt hatten, fernab vom betrieblichen Alltag. Asmus befürchtet, dass die digitale Transformation die soziale Spaltung noch verstärken könne und mahnt, das unbedingt im Auge zu behalten, gerade in der politischen Bildung.

Auf der anderen Seite erzählt Asmus, wie entspannt Teilnehmenden bei Online-Seminaren sind und auch bei technischen Pannen ruhig und gelassen bleiben. Zitate wie „das kann doch mal passieren“ nahmen ihm die Angst vor technischen Pannen. Auch Rebecca bestätigt, dass sich viele ihrer Teilnehmenden durch Geduld und Gelassenheit auszeichnen und technische Hinweise dankbar entgegennehmen. Und für einige Teilnehmende, so führt Asmus weiter aus, ist das digitale Format das attraktivere. „Das passt besser zu mir“, waren überraschende Reaktionen, die er vernehmen durfte. Andere wiederum, auch auf Seiten der Lehrenden, vermissen beim digitalen Lernen das Haptische, wirklich begreifen zu können, die reale Begegnung, den wirklichen Kontakt zu Anderen – und möchten daher nicht von Präsenzunterricht zu Online-Angeboten wechseln. Für Asmus ist noch ungeklärt, was durch Online-Unterricht tatsächlich bei den Lernenden hängenbleibt, was online geht und was eben auch nicht – gerade mit Blick auf interaktives Lernen.

Rebecca bestätigt, dass die Didaktik für Online-Seminare komplex ist und stellt in diesem Zusammenhang unseren Moodle-Kurs Digitales Lehren an der wisoak vor, in dem wir Dozierende der wisoak vernetzen und die o.g. Selbstlernmodule abgelegt haben. Außerdem sei es wichtig, in den Online-Formaten mehr Pausen einzuplanen, gerne auch Bewegungspausen. Dafür haben wir kurze Yogavideos produziert, die wir hier zur Verfügung stellen: https://wisoak.de/blog/yoga-videos. Die Idee dahinter ist, dass Dozierende in der Online-Lehre diese in den Pausen ihren Teilnehmenden zur Verfügung stellen. Auch können die Videos nach der Pandemie in den Präsenzunterricht eingebunden werden. Generell sei die Aktivierung der Teilnehmenden das A und O – dafür gäbe es eine Menge spielerischer Möglichkeiten. Es kann nicht das Ziel sein, das ursprüngliche Präsenzformat einfach 1:1 ins Virtuelle zu übertragen, sondern es bedarf einer anderen Rhythmisierung. Und das gelänge offensichtlich gut in den Bildungszeiten von Asmus. Also: „Chapeau Asmus“, resümiert Rebecca. Damit gibt sie den Staffelstab erneut an ihn ab.

Dieser beendet das Gespräch mit den liebenswerten Worten: „Ich finde super, was ihr an Hilfestellungen gebt, (…), den Mut und die Neugier von euch, das hatte große Wirkung. Ich konnte mir bis vor einem Jahr nicht vorstellen, dass es was anderes als Präsenzseminare gibt für mich. (…) Es ist aufwendig, aber es ist eine Möglichkeit. Ein Plan B. Das Positive in der Krise. Aber: ich freue mich auch wieder sehr auf reale Begegnungen.“

Gesa


Beitrag von: Dr. Gesa Friederichs-Büttner